Vererben in der Patchwork-Familie

09.05.2023

Ärger und Fehler vermeiden mittels Testamentsvollstreckung

– erbrechtliche Gestaltung mit Testamentsvollstreckung –

Aktuellen Schätzungen zufolge wächst jedes 8. Kind in Deutschland in einer Stieffamilie auf – mit wachsender Tendenz. Die sog. Patchwork-Familie ist keine seltene Ausnahme mehr, vielmehr häufig anzutreffen und bedarf in erbrechtlicher Sicht besondere Aufmerksamkeit. So verlangen komplexe Familienstrukturen, gegenläufige Interessen der Hinterbliebenen sowie ggf. eine größere Anzahl an Erben und Pflichtteilsberechtigten nicht nur in der Gestaltung des Testaments bereits eine intensive Auseinandersetzung mit den vielen möglichen Ansprüchen der Beteiligten. Auch an die spätere tatsächliche Umsetzung des Testaments ist möglichst frühzeitig zu denken und diese zu regeln. Hierbei hat sich vor allem die Testamentsvollstreckung als geeignete Möglichkeit erwiesen, einerseits dem tatsächlichen Erblasserwillen Geltung zu verschaffen, zum anderen aber auch Konflikte zwischen den Erben deutlich zu reduzieren. Jedenfalls ist eine direkte Konfrontation der unterschiedlichen Familienstämme (bspw. Ex-Ehepartner mit dem Ehepartner aus zweiter Ehe oder Kinder aus erster Ehe mit Kindern aus zweiter Ehe) zu vermeiden.

Der Testamentsvollstrecker handelt allein im Interesse des Erblassers. Hierzu nimmt er den Nachlass in Besitz und sichert diesen, wobei er auch Versicherungen, Schulden, Bankangelegenheiten etc. prüft und eventuell bezahlt. Zudem erstellt er ein detailliertes Nachlassverzeichnis, so dass alle Erben und Pflichtteilsberechtigten im Bilde bleiben. Großer Vorteil für die Erben ist außerdem, dass sich der Testamentsvollstrecker um die ausstehende Einkommenssteuer des Erblassers genauso zu kümmern hat wie um die Erbschaftssteuer der Erben. Er ist überdies verantwortlich für die Erfüllung von Auflagen und Vermächtnissen und nimmt am Ende die Auszahlungen an die Berechtigten vor. Allerdings kann der Testamentsvollstrecker bspw. bei minderjährigen oder behinderten Erben die Verwaltung des Vermögens über einen längeren Zeitraum – streng nach den Vorgaben des Erblassers – übernehmen. Verschiedene Familienteile bei Patchwork-Familien brauchen sich nicht untereinander auseinandersetzen, der Testamentsvollstrecker dient hier als Puffer und neutraler Ausgleich zwischen den verschiedenen Interessen.

Die Testamentsvollstreckung muss als solche testamentarisch angeordnet werden. Bei der Auswahl der Person gilt es immer – und nicht nur bei der Patchwork-Familie – einige Kriterien dringend zu beachten: So ist es u.a. wenig sinnvoll, eine nahestehende Person zu beauftragen, die selbst als Erbe in Betracht kommt oder als Mitglied der Familie nicht neutral ist (keine Pufferfunktion). Ungeeignet ist eine Person, die mit den Aufgaben der Testamentsvollstreckung überfordert wäre bzw. aus Altersgründen den Erblasser wohl kaum überleben wird. Ideal ist es hier, Personen einzusetzen, die schon Erfahrungen mit den vielen Aufgaben einer Testamentsvollstreckung haben. 

Die Vergütung des Testamentsvollstreckers, die dem Nachlass entnommen wird, kann und soll der Erblasser am besten im Testament selbst regeln.

Rechtsanwalt Urban Schädler ist Testamentsvollstrecker und berät Sie gerne zu Ihrem Testament und allen Fragen rund um die Testamentsvollstreckung. Er bietet Ihnen zudem an, für Ihren Nachlass die Testamentsvollstreckung zu übernehmen.